So weit das Auge reicht…

Sonnenanbeterin ohne Kompromisse

Für die Sonnenblume ist Licht höchstes Gut – dafür erreicht sie mal eben auch Höhen von über zwei Metern und wurzelt sicherheitshalber gleich noch mal so tief, um sich sturmfest in der Erde zu verankern. Das große gelbe Köpfchen der Sonnenblume, das wir für eine Blüte halten, ist wie beim Gänseblümchen eine Scheinblüte und besteht eigentlich aus vielen kleinen einzelnen Zungenblüten (gelb) und Röhrenblüten (braun.) Selbst diese kleine Blüten sind so intelligent angeordnet (nach dem sogenannten Goldenen Winkel), dass sie sich gegenseitig möglichst wenig Sonnenlicht wegnehmen. Dieses Prinzip und der dazugehörige „Goldene Schnitt“ findet sich sehr häufig in der Natur, weil er sich in der Evolution als äußerst wirkungsvoll erwiesen hat. ‚Je mehr Sonne desto besser‘, denkt sich die Sonnenblume.
Mit Ursprung in Mittel- und Nordamerika wurde sie von spanischen Seefahrern nach Europa mitgebracht. Weil die Sonnenblume eine Kompasspflanze ist, zeigen die Blüten auf einem freistehenden Feld nach Osten – super, falls man sich mal in einem Sonnenblumenfeld verirren sollte.

Wie dreht sich die Sonnenblume nach der Sonne?

Kleiner Tipp für Bienen: Zwischen 10 und 14 Uhr gibts den meisten Nektar! | Quelle: © a.stafiniak

Wenn Sie an ein weites Feld voll goldener Sonnenblumen in verschiedenen Wachstumsstadien denken, welcher Teil dreht sich überhaupt mit der Sonne? …die Blüte, denken Sie? Diese Antwort ist leider falsch – es sind nur die Knospen. Ist eine Sonnenblume erblüht, verhärtet sich das Ende ihres Stängels und „friert“ die Stellung gen Osten ein, während der Knospenzeit aber sorgen Motorzellen für die Drehung von Osten nach Westen und nachts wieder zurück. Diese besondere Eigenschaft der Pflanzen heißt im Fachjargon „heliotrop“ und kommt vom griechischen Wort helios – Sonne.
Die Nutzung von Sonnenblumen ist vielfältig: Die Kerne werden zu wertvollem Öl gepresst, das als Nahrung, für andere Öle und Lacke oder sogar als Medizin, verwendet gegen Verstopfung, Rheuma und zur Wundbehandlung. Die Kerne selbst wurden bereits von den Indianern als Nahrung verwendet, weitere Bedeutungen sind Vogelfutter, Salatzutat oder geröstet sogar ein Ersatzgetränk für Kaffee und Trinkschokolade. Die langen Stängel der Sonnenblume, von denen pro Tonne Korn etwa vier Tonnen anfallen, kann leider nicht verwertet werden. Mit einer Ausnahme – in Ungarn werden daraus Flöten hergestellt.

Die wundersame Namensherkunft der Sonnenblume

Der Name der Sonnenblume erscheint uns im Angesicht ihrer besonderen Eigenschaften und Vorlieben völlig natürlich, trotzdem hat der Name einen mythischen Ursprung – in der griechischen Sagenwelt. Ein junges Mädchen namens Clytia verliebte sich in den Gott Apollon. Dieser aber wies sie ab, woraufhin sie sich nackt auf einen Felsen setzte, auf dem sie ohne Essen und Trinken verweilte und ihr Unglück fortan beklagte. Neun Tage lang schaute sie Apollon zu, wie sein Wagen über den Himmel flog. Am nächsten Tag aber war sie in eine heliotrope Sonnenblume verwandelt, die sich stets nach der Sonne, nach Apollos Sonnenwagen, dreht.
Wer gut aufgepasst hat, dem dürfte an der Geschichte etwas seltsam vorgekommen sein. Dass sich Mädchen in Blumen verwandeln, ist in der griechischen Mythologie Alltagstrott. Aber halt – eine Pflanze, deren Ursprung in Amerika liegt, mit einem Namen, dessen Ursprung in Griechenland liegt?
Die Lösung für das Rätsel ist wohl folgende: Der griechische Name ist eigentlich für eine andere heliotrope Pflanze wie die Sonnenwende gedacht gewesen, wurde aber dann für die Sonnenblume übernommen. Schön ist sie so und so, ob auf dem Feld oder im Garten.

Text: mh