Sag es durch die Blume

Das Verständnis für die Sprache der Blumen ist heute wohl auf rote Rosen und Vergissmeinnicht beschränkt. Im 18. Jahrhundert jedoch, wo es Liebenden noch nicht gebührte, ihre Gefühle füreinander offen und ehrlich auszusprechen, waren Blumen und Blumensträuße wichtige Kommunikationswege, um Zuneigung und Ablehnung auszudrücken oder ein Rendezvous vorzuschlagen. Die Blumensprache geht auf eine englische Schriftstellerin namens Lady Montagu zurück, die zu Beginn des Jahrhunderts eine Reise nach Istanbul antrat. Begeistert von den dort bereits existierenden Codes schrieb sie Briefe nach Hause und faszinierte das prüde viktorianische Europa.

Die Blumensprache – nicht nur für Liebesgeständnisse

Damals, in einem Landhaus südlich von London beispielsweise, könnte sich dann folgende Szene zugetragen haben: Ein junges Mädchen in einem beigefarbenen Kleid sitzt in einem hohen Sessel am Fenster, schaut einem fortschreitenden Mann nach und weint. Vor ihr auf dem Tischchen liegt ein herrlich buntes Blumengesteck aus Mädchenauge, Blaustern und weißen Rosenknospen. Wenn wir als Menschen des nächsten Jahrtausends diese Szene nun betrachten, denken wir vielleicht an ein knappes Vermögen des jungen Mannes oder eine Krankheit als Grund für die Trauer. Die mitfühlende Mutter des Mädchens aber, die danach den Raum betritt, erblickt den Blumenstrauß und weiß Bescheid: Das Mädchenauge bedeutet ihr, dass die Tochter als „die Schönste“ empfunden wird. Dann jedoch die Rosenknospen, die für ein Herz stehen, das nicht lieben kann. Und schlussendlich der Blaustern: Es tut mir leid.

Kein Wunder, dass das junge Mädchen trotz schöner Blumen immer noch weint. Sollte er über genügend Vermögen verfügen, werden Sie vermutlich doch noch heiraten.

Und was tun die Liebenden heute…?

Auch wenn wir die Klassengesellschaft hinter uns gelassen haben und das Wort „Toleranz“ gerne überstrapaziert wird: Es gibt auch heute noch Fälle, in denen Eltern und Familie gegen eine junge Liebe etwas einzuwenden haben und versuchen, die Kommunikation zu überwachen oder zu verhindern. Wie wäre es also mit Folgendem: Ein kleiner Strauß aus Iris („Ich werde um dich kämpfen“) und roten Rosen, mit einer kleinen Tabelle, welche Blumen überhaupt was bedeuten. Diese finden sich vielfach und nur mit kleinen Unterschieden im Internet und schaffen gute Grundlagen für eine oder mehrere Antworten in der Blumensprache. Gegen einen schönen kleinen Strauß auf dem Küchentisch wird Mutter sicher nichts einzuwenden haben.

Natürlich ist diese Methode nicht nur etwas für unterdrückte Leidenschaften, auch für Facebookmüde und Otto-Normal-Romantiker sei sie wärmstens ans Herz gelegt. Nur muss man die Blumenauswahl gut recherchieren: Wer hätte gedacht, dass der Mohn für „Gefängnis“ steht und die Narzisse für nichts mehr als Eitelkeit herhält?

Wer aber gründlich nach Bedeutungen der Blumensprache sucht, darf das nächste Mal ein bisschen schmunzeln, wenn er ein paar Löwenmäulchen erhält…

Text: mh