Die Vorteile der Gentechnik sprechen für sich
Ertragssteigerung und Sprungbrett für Schwellenländer
Die Gentechnik bei Nutzpflanzen, auch „Grüne Gentechnik“ genannt, ist weiter auf dem Vormarsch. Bereits 50-80% der Produkte im Supermarkt sind in irgendeinem Verarbeitungsschritt mit Gentechnik in Berührung gekommen. Dies ist möglich, weil nicht jede Verwendung von Gentechnik auf einem Produkt gekennzeichnet werden muss.
Die Lobby, die hinter der gentechnischen Veränderung von Pflanzen steht, hat gute Argumente: Durch den Einbau von einzelnen Genen in das Genom (=alle Gene eines Lebewesens) einer Pflanze übernimmt diese die Eigenschaften, die die Gene festlegen. So wird sie beispielsweise resistenter gegen Schädlinge oder wenigstens Schädlingsbekämpfungsmittel. Auf diese Weise entstehen wachsende Erträge, die benötigt werden, um mit der ansteigenden Weltbevölkerung Schritt zu halten. Das Schwellenland Indien wandelte sich beispielsweise durch den Einsatz von gentechnisch modifizierter Baumwolle vom Importeur zum weltweit bekannten Exporteur des Produktes. Die Gentechnik-Lobby verweist zudem gerne darauf, das bisher noch kaum Schäden für Mensch, Tier oder Pflanze durch Gentechnik bewiesen werden konnten. Der Mensch beschäftige sich schon seit vielen Jahrhunderten mit der Verbesserung von Nutzpflanzen, warum also sollte dieser Schritt auf einmal unnatürlich wirken?
Gegner von Gentechnik sind keine Feinde des Fortschritts
Patentfallen und Risikoforschung
In Europa hat Gentechnik einen schweren Stand. Erst kürzlich hat der riesige Saatgutkonzern Monsanto entschieden, die Lobbyarbeit in Europa vorerst komplett einzustellen. Der Widerstand von Politikern, Landwirten und Konsumenten ist dabei nicht einfach fortschrittsscheu, sondern hat ebenfalls gute Gründe vorzuweisen. Bislang gibt es kaum verlässliche Langzeitstudien über die Wirkung von Gentechnik. Es ist unklar, ob die eingesetzten Gene eventuell auch auf andere Lebewesen überspringen könnten oder einen wesentlichen Einfluss auf den Rest des Pflanzengenoms nehmen könnten. Bewiesen ist, dass Schädlinge auch gegen die genetisch „neuen“ Abwehrmechanismen der Nutzpflanzen resistent werden können – dann müsste komplett neues Saatgut her, und das Spiel beginnt von vorn. Auch für die Landwirte gibt es zahlreiche Gründe: Geraten versehentlich Gen-Pflanzen auf den Acker des Nachbarn, haftet er für den Ertrag, der dem Nachbarn beim Verkauf durch die Gentechnik-Kennzeichnung verloren geht. Das Schlimmste aber ist die Patentbindung vieler Saaten: Für das nächste Anbaujahr dürfen nicht einfach die Samen aus den diesjährigen Pflanzen verwendet werden – zahlreiche Abgaben an die Patentinhaber sind fällig, die schnell zur Schuldenfalle werden. Ob die Gentechnik-Produkte in Deutschland überhaupt nachgefragt werden, ist sowieso zweifelhaft.
Vernünftiger Umgang mit der Gentechnik ist gefragt
Die Gentechnik weltweit ist quasi nicht mehr aufzuhalten. Bereits drei Viertel von Soja und Baumwolle werden gentechnisch verändert angebaut. Die Faszination, mit Genen herum zu experimentieren ist ungebrochen: Durch den Einbau von Genen des Glühwürmchens in Bakterien wurden von Wissenschaftlern ganze Bäume zum Leuchten gebracht – und diese können zukünftig sogar als Straßenbeleuchtung dienen. Was im Umgang mit Gentechnik auf jeden Fall fehlt, sind verlässliche und unabhängige Langzeitstudien. Solange wir nicht wissen, ob und mit welchen Risiken wir es im Zusammenhang mit der Gentechnik zu tun haben, bleibt es ein Spiel mit dem Feuer – schließlich kommt uns nichts so nah wie unsere Nahrung und Kleidung. Der Preis, den wir zahlen, heißt bislang noch Unwissenheit.
Text: mh